
„Das war das Beste, was mir dieses Jahr passiert ist“, schwärmt Julian Pilz, Zimmerer aus Bad Überkingen. Er ist einer von vierzehn Gesellinnen und Gesellen, die dieses Jahr über das Erasmus+-Projekt der Handwerkskammer Region Stuttgart für drei Monate in der italienischen Stadt Volterra, Mitten in der Toskana, leben und arbeiten konnten. In der traditionsreichen Etruskerstadt sind vor allem Ausbau- und Restaurierungsarbeiten gefragt. So half der 20-jährige Zimmerer zusammen mit Tischlerin Sarah Gohl (23) die Fenster sowie die Eingangstür der Polizeistation zu restaurieren. Dabei erledigte er auch Aufgaben, die ihm in seinem Arbeitsalltag bisher nicht begegnet sind: „Hier durfte ich das erste Mal lackieren, das hat mir sehr viel Spaß gemacht.“
Neue Herausforderungen bei ihrer Arbeit gab es auch für Alina Schamberger, Tischlerin und Maler- und Lackierermeisterin aus Tübingen. Sie war zusammen mit fünf anderen Erasmini im etruskischen Museum eingesetzt, um die Deckenmalereien freizulegen und zu restaurieren. Bisher hatte die 26-Jährige noch keine Erfahrung mit Restaurationsarbeiten: „Es war auf jeden Fall herausfordernd, die oberste Farbschicht abzulösen, ohne dass die Malereien darunter beschädigt werden. Die zwei erfahrenen Restauratoren haben uns aber super angeleitet und ich habe sehr viel lernen können.“ Besonders viel Spaß habe ihr die Wiederherstellung der Deckenmalerei gemacht. „Beim Freilegen haben wir festgestellt, dass nur ein kleiner Teil der ursprünglichen Malereien vorhanden war, also mussten wir den Rest rekonstruieren. Dafür haben wir die passenden Farbtöne angemischt und fehlende Stellen ergänzt“, erzählt die Malermeisterin begeistert.
Spuren in der Stadt seit 1999
Friseurin Janine Mittelmann (25) aus Freudenstadt unterstützte in einem Friseursalon und brachte Volterras Bürgermeister Giacomo Santi persönlich durch ein Touch-Up zum Strahlen. Außerdem nutzten die anderen Erasmini die Gelegenheit und erhielten von ihr ein Make-Over. Auch die Sporthalle des Ortes wurde erneuert, indem von zwei Erasmini neue Wasserleitungen verlegt wurden. Steinmetz Christoph Reiser (23) fertigte unter anderem einen Schachtdeckel an und versetzte diesen passgenau auf der Piazza di Priori. „Diese Zeugnisse der Zusammenarbeit, die wir mittlerweile in der ganzen Stadt bestaunen können, machen mich sehr stolz“, erklärt Rainer Reichhold, Präsident der Handwerkskammer Region Stuttgart.
Seit 1999 haben über 440 Gesellinnen und Gesellen an dem Auslandsprojekt teilgenommen. Ihre Einsatzorte haben die italienischen Projektpartner auf einer Übersichtskarte der Stadt markiert, die zusammen mit einer Auswahl an Fotos über alle Jahrgänge hinweg anlässlich des 25-jährigen Jubiläums in Volterra ausgestellt wurden. „Die Ausstellung zeigt nochmal deutlich, wie lange schon das Handwerk die Menschen hier in Volterra zusammenbringt“, so der Handwerkspräsident. Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart ergänzt: „Gerade jetzt, da mehr Europa dringend gebraucht wird, ist es ungemein wichtig, einen persönlichen Beitrag für die europäische Freundschaft zu leisten. Ich bin dankbar, dass junge Handwerkerinnen und Handwerker diese Chance bekommen.“ Möglich sei dies nur, weil die italienischen Partner seit Jahren verlässlich das Projekt unterstützten: Die Stadt Volterra, die Sparkassenstiftung vor Ort, die Naturfreunde GIAN Volterra und die Villa Palagione.
„La Dolce Vita“ hautnah erleben
Für viele der diesjährigen 14 Teilnehmenden waren die drei Monate in der Toskana der erste lange Auslandsaufenthalt. Die fehlenden italienischen Sprachkenntnisse konnten sie zu Beginn in einem intensiven Sprachkurs erlernen. Durch das große Engagement der Dozentinnen hätten alle sehr schnelle Fortschritte gemacht, berichtet Anna-Katharina Buckmüller, Steinmetzin aus Bempflingen: „Von Tag eins haben sie nur auf Italienisch mit uns gesprochen. Geholfen hat uns außerdem, dass wir die neue Sprache direkt anwenden mussten, zum Beispiel bei einem Kochkurs auf Italienisch oder einer Schnitzeljagd durch Volterra, bei der wir mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen mussten – natürlich auf Italienisch.“ Die 23-Jährige ist vor allem von dem vielseitigen kulturellen Programm begeistert, das den Erasmini in Volterra geboten wurde: „Von einem Alabaster-Workshop, über Museumsbesuche und Geschichts- und Architekturseminare – wir hatten quasi die komplette Toskana auf dem Programm und konnten so sehr viel lernen.“
Wer einmal in Volterra war, kehrt verzaubert zurück – so fasst Kammerchef Peter Friedrich, die Erfahrungen der letzten 25 Jahre zusammen. Die Erasmini von diesem Jahr können ihm da nur zustimmen, allen voran Raphael Rick (22), Maler und Lackierer aus Wöllstein: „Es bricht mir das Herz, jetzt wieder gehen zu müssen. Ich habe Volterra kennen und lieben gelernt und hoffe, dass wir uns bald hier wiedersehen.“
Teilnehmerübersicht
- Linus Büchler, Straßenbauer aus Nagold
- Anna-Katharina Buckmüller, Steinmetzin aus Bempflingen
- Sarah Gohl, Tischlerin aus Altdorf
- Claudia Hoß, Maler- und Lackiererin aus Nürtingen
- Janine Mittelmann, Friseurin aus Freudenstadt
- Caroline Müller, Stuckateurmeisterin aus Herrenzimmern
- Elisabeth Nrecaj, Anlagenmechanikerin Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik aus Schwäbisch Gmünd
- Julian Pilz, Zimmerer aus Bad Überkingen
- Christoph Reiser, Steinbildhauer aus Bad Teinach-Zavelstein
- Charlotte Renner, Raumausstatterin aus Bietigheim-Bissingen
- Raphael Rick, Maler und Lackierer aus Wöllstein
- Alina Schamberger, Tischlerin und Maler- und Lackierermeisterin aus Tübingen
- Anton Schweizer, Zimmerer aus Lenningen
- Jule Zehle, Maler- und Lackiererin aus Stuttgart
Die Kontaktdaten der Teilnehmenden sowie weitere Fotos können bei der Pressestelle der Handwerkskammer erfragt werden.
Weitere Information zum Erasmus+-Projekt gibt es unter: www.hwk-stuttgart.de/volterra
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