Die gewerbliche Wirtschaft in Sachsen-Anhalt blickt auf ein konjunkturell sehr gutes Jahr 2017 zurück. Der Klimaindex erreichte mit 31 Punkten im vierten Quartal den höchsten Wert seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2004. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der beiden Industrie- und Handelskammern (IHKn) Magdeburg und Halle-Dessau. Der IHK-Geschäftsklimaindex beruht auf den Einschätzungen von rund 1.000 Unternehmern im Land, positive und negative Bewertungen werden dabei gegeneinander gerechnet.

Ein wesentlicher Unterschied zum Jahr 2016 ist, dass nun alle Branchen an diesem Aufschwung teilhaben. Insbesondere die Industrie konnte aufholen und mit steigenden Umsätzen sowie einer stabilen Auslandsnachfrage die Gesamtentwicklung stützen. Damit hat sich 2017 der Ausblick am Ende des Vorjahres durchaus bestätigt: Das hohe Niveau konnte gehalten und zum Teil sogar weiter ausgebaut werden. Maßgeblich dafür waren die weiterhin konjunkturfreundlichen Rahmenbedingungen, die auch im Jahr 2017 nicht wesentlich an Bedeutung verloren haben. Unterstützt wurde die positive Entwicklung durch den an Fahrt gewinnenden Welthandel.

Die IHK-Umfrage zeigt aber auch, dass die Unternehmen in Sachsen-Anhalt – trotz der konjunkturell anhaltend erfreulichen Entwicklung – nur verhalten optimistisch in die Zukunft blicken. Risiken und Engpassfaktoren wie der sich verschärfende Fachkräftemangel, steigende Arbeitskosten sowie wettbewerbsnachteilige hohe Energiekosten bestehen weiterhin. Die deutsche Energiewende und die damit verbundenen Unsicherheiten bezüglich einer bezahlbaren und sicheren Versorgung bereiten der hiesigen Wirtschaft anhaltende Sorgen.

Die Präsidentin der IHK Halle-Dessau, Carola Schaar, ermahnte die Politik, den geplanten Braunkohleausstieg so zu gestalten, „dass die vorhandene Wirtschaft nicht zerstört wird.“ Sie erinnerte daran, dass im mitteldeutschen Braunkohlerevier rund 3.000 Menschen unmittelbar in der Braunkohleförderung beschäftigt sind; hinzu kämen „gewiss noch einmal so viel“ mittelbar abhängige Arbeitsplätze, einige davon in „hochproduktiven energieintensiven Industriebetrieben, die die heimische Braunkohle als kostengünstigen Energieträger nutzen“, so Schaar. Die installierte Kraftwerksleistung von 3.294 Megawatt sei verbunden mit Grundlastfähigkeit und guter Regelbarkeit. Dieser Standortvorteil dürfe nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.

Eine wirksame Strategie forderte die Präsidentin auch beim Thema Digitalisierung, insbesondere für den Breitbandausbau. „Endlich hat unser Land eine digitale Agenda“, betonte Schaar. „Aber wir brauchen mehr Tempo – das Jahr 2030 liegt als Zielmarke für den flächendeckenden Ausbau zu fern“, hob die Präsidentin hervor. Der TÜV habe festgestellt, dass in Sachsen-Anhalt bisher nur knapp die Hälfte der Haushalte 50 Mbit/s oder mehr erreichen. „Das ist der schlechteste Wert aller Bundesländer, und auch für die regionalen Unternehmen ist dies ein großer Wettbewerbsnachteil“, so Schaar. „Dieser Rückstand muss rasch aufgeholt werden.“

Der Präsident der IHK Magdeburg, Klaus Olbricht, ging insbesondere auf den zunehmenden Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt ein. „Wir unterstützen unsere Unternehmen seit vielen Jahren bei der Anwerbung von Fachkräften und Auszubildenden und wir werden unser Angebot diesbezüglich deutlich ausbauen“, erklärte er. „Vor allem werden wir Länder wie die Ukraine oder Kuba noch stärker in den Fokus nehmen. Dort gibt es viele sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte ohne Aussicht auf einen Job.“ Der IHK-Präsident appellierte in diesem Zusammenhang an die neue Bundesregierung, ein Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen, „damit wir gezielt die Menschen anwerben können, die wir brauchen und die wir dann auch vernünftig in unseren Unternehmen einsetzen können.“

Olbricht forderte zudem „einen zügigen und klagefreien Ausbau“ der Verkehrsinfrastruktur. Als Beispiele nannte er die Nordverlängerung der Autobahn A14 von Magdeburg nach Schwerin und die Westumfahrung Halle (Saale) über die A143. In beiden Fällen bedeute der notwendige Lückenschluss, endlich Anschluss zu finden. Im Frühjahr werde der Spatenstich für den Abschnitt von Dolle bis Lüderitz erfolgen. „Das ist ein wichtiges Signal für Wirtschaft und Bürger“, erklärte Olbricht. „In diesem Tempo muss es aber nun auch weitergehen“, wurde er deutlich. „Das heißt: Abschluss der Planfeststellungsverfahren und Schaffung von Baurecht für die noch offenen Abschnitte.“

Auch beim Thema Abfallwirtschaft müsse die Landesregierung aktiv werden, wenn es um eine zukunftsfähige Ausrichtung gehe, mahnte Olbricht. Der derzeit vorliegende und aus Sicht der Wirtschaft unzulängliche Abfallwirtschaftsplan müsse überarbeitet werden. „Sonst“, so der IHK-Präsident weiter, „drohen im Bereich der mineralischen Abfälle spätestens ab 2022 Engpässe, die bei den üblichen Laufzeiten von fünf bis acht Jahren für Planung und Bau von Deponien bereits jetzt nur noch schwer zu verhindern sind.“

Hintergrund: Die Landesarbeitsgemeinschaft der beiden Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt (LAG) besteht seit 1997 und vertritt die Interessen von über 110.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt Umfragen unter ihren Mitgliedsunternehmen durch, erarbeitet fachliche Stellungnahmen und vertritt das Gesamtinteresse der Unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. Bei der Konjunkturumfrage wird vier Mal im Jahr eine repräsentative Stichprobe der Mitgliedsunternehmen der Industrie- und Handelskammern befragt. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung und Hochrechnung der Ergebnisse erfolgen nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden. In Sachsen-Anhalt nehmen jeweils rund 1.000 Unternehmen daran teil.

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