Für Niederkofler ist Koch mehr als ein Beruf: „Essen und Kochen sind Kultur. Wir versuchen heute immer mehr, an alte Traditionen anzuknüpfen, nicht nur in der Küche, sondern auch in der Architektur, im Design und im Denken.“ Konkret bedeutet das für Niederkofler, dass er nur regionale und saisonale Produkte aus seiner Heimat, den Dolomiten, verwendet. „Wir verwenden keine Zitrusfrüchte, weil sie auf 1.700 Metern Meereshöhe nicht wachsen. In dieser Höhe gibt es keine Olivenbäume, also verwenden wir auch kein Olivenöl. Und wir produzieren keinen Müll. Das ist Respekt vor der Natur“, erklärt der Sternekoch.
Cook the mountain
„Cook the mountain“ heißt Niederkoflers Konzept. Die Vision entstand nach einer eher klassischen Ausbildung, die ihn in verschiedene Restaurants führte: „Ich hatte kein Geld, um die Welt zu bereisen, also musste ich den einfachsten Weg finden und bin Koch geworden“, blickt Niederkofler zurück. Nach Stationen in New York, Tokio und London kehrte er 2008 in seine Heimat zurück: „Alles, was ich in der Welt gelernt habe, habe ich in die Dolomiten mitgenommen.“ Kundenbefragungen schärften das Profil: „Ich habe immer gefragt: Warum kommst du dieses Jahr hierher? Die Antwort war immer: wegen der Berge und wegen des Essens. Dann habe ich gemerkt, dass ich etwas falsch mache.“
Das Umdenken führte zu dem Konzept, das seinem Restaurant „Atelier Moessmer Norbert Niederkofler“ drei Michelinsterne und einen Grünen Michelinstern einbrachte: „Wir arbeiten mit rund 40 Bauern zusammen, immer im direkten Austausch und ohne Zwischenhändler.“ Im Frühjahr, Sommer und Frühherbst wird ein Drittel der Produkte verwertet. Zwei Drittel werden für den nächsten Winter eingelagert. Und das hat laut Niederkofler nur Vorteile: „Es ist immer ein Kreislauf mit der Natur. Die Natur gibt uns zu jeder Jahreszeit genau das, was Körper und Geist brauchen, in Farbe, Konsistenz und Beschaffenheit.“ Deshalb haben er und sein Team versucht, Rezepte zu entwickeln, bei denen kein Abfall entsteht. Eines davon trägt den passenden Namen “Once upon a time, there was a drought" – zu Deutsch: „Es war einmal die Dürre“.
Nachhaltige Produkte, nachhaltiges Design
Für den Überzeugungstäter Niederkofler hört der Nachhaltigkeitsgedanke nicht am Tellerrand auf. Sein zweites Restaurant „AlpiNN“ entstand 2018 auf 2.200 Metern Meereshöhe. Sein Projektpartner ist der Designer Martino Gamper. Dieser wurde durch seine Aktion „100 days, 100 chairs" bekannt. Dabei ging er durch London und sammelte, was die Leute wegwarfen. In 100 Tagen schuf er daraus 100 Stühle. Das ist wohl das nachhaltigste Design der Welt. Niederkofler gab dem Künstler zwei Vorgaben: „Erstens wollte ich ein Wohnzimmer in den Bergen, und zweitens sollte sich die Philosophie von ,Cook the Mountain‘ auch im Design widerspiegeln.“ Die Mission ist geglückt: „Man kann mit dem Finger zeigen, wo die Produkte, das Gemüse und Obst herkommen. Das gleiche gilt für das Material und den Stoff an der Decke.“
Ein weiteres Herzensprojekt des Sternekochs ist die Nachwuchsförderung. So hat er in Saudi-Arabien eine Akademie für Studierende gegründet: „Bis heute haben wir rund 130 junge Männer und vor allem Frauen, ausgebildet", erzählt Niederkofler und ergänzt: „Der Leiter dieses Programms ist einer unserer Köche, er ist erst 25 Jahre alt. Auch in seinen beiden Restaurants in den Dolomiten regiert die Jugend – das Durchschnittsalter des gesamten Teams liegt bei 26 Jahren. Seine Philosophie: „Es gibt keinen Unterschied zwischen Service und Küche. Deshalb wachsen wir als Team wirklich zusammen. Es ist wie eine Familie. Die jungen Leute mitnehmen und wachsen lassen, das ist sein Ziel, denn für ihn steht fest: „Das Einzige, was dich auf der Welt aufhalten kann, ist dein Kopf. Wenn du Schritt für Schritt gehst, kannst du alles erreichen.“
Kein Planet B
„Der nährstoffreiche Boden geht uns aus“, warnt Niederkofler. Wenn die Lebensmittelverschwendung in allen Bereichen so weitergeht, reichen die Ressourcen nach seinen Schätzungen noch 40 Jahre. „Wir wissen, dass 30 bis 60 Prozent der Produkte in privaten Haushalten weggeworfen werden“, erklärt der Sternekoch. Hier müsse ein Umdenken einsetzen, denn: „Wir haben nur diesen einen Planeten, es gibt keinen Planeten B. Wir müssen dafür sorgen, dass die nächste Generation kochen kann, dass unsere Kinder auf einer gesunden Erde aufwachsen und ein lebenswertes Leben führen können.“ Dabei spielt es für Niederkofler keine Rolle, wo die Veränderung stattfindet: „Wenn jemand in einer Mensa kocht und frische Produkte verwendet, hat das für mich den gleichen Wert wie das, was wir tun.“ Und jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um damit anzufangen.
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